Stressresistenz Hybridweizen
Die höhere Leistungsfähigkeit von Hybriden ist seit langem bekannt, auch wenn der physiologische Hintergrund der Heterosis1 bis heute nicht restlos geklärt ist. Spezielle Anbauversuche der SAATEN-UNION belegen eine deutlich bessere Stressstabilität von Weizenhybriden auch nach Frühjahrstrockenheit.
Die produktionstechnischen Versuche zu Winterweizen untersuchen Sorteneigenschaften, die nicht aus der Beschreibenden Sortenliste abzuleiten sind. Dazu gehören insbesondere die Saatzeittoleranz, die Mulchsaateignung und die Leistungsfähigkeit als Stoppelweizen. Um den Versuchsumfang zu begrenzen, werden die Fragestellungen in drei Aussaatkonstellationen kombiniert.
- „Stressvariante“: sehr frühe Mulchsaat zum Wintergerstentermin nach der Vorfrucht Winterweizen
- „Optimalvariante“: standortoptimaler Saattermin i.d.R. nach der Vorfrucht Raps – gepflügt oder gegrubbert
- „Spätsaatvariante“: drei Wochen späterer Saattermin nach einer Blattfrucht plus Pflugfurche
Die drei Aussaatkonstellationen werden seit 2007 auf mindestens fünf deutschen und weiteren ausländischen Standorten als Exaktversuch geprüft. Koordiniert wird das Projekt von der Versuchsstation der SAATEN-UNION in Moosburg. Mit der frühgesäten Stressvariante beteiligt sich auch das Versuchsgut Merklingsen der Fachhochschule Südwestfalen an der Versuchsserie – dafür sei ihr an dieser Stelle herzlich gedankt.
Die „Stressvariante“ mutet dem Weizen gleich drei Wachstumshemmer zu: einen sehr hohen Krankheitsdruck aufgrund der Frühsaat, die schwierigere Jugendentwicklung der Mulchsaat und die geringere Vitalität nach Weizenvorfrucht. „Stress ohne Ende“ von der Aussaat bis zur Ernte, der sich in Jahren mit extremer Frühjahrstrockenheit noch potenziert. So hat die Apriltrockenheit 2010 Ertragsschwankungen provoziert, wie es sie seit dem Extremjahr 2007 nicht mehr gab. In den Stressvarianten sowie auf dem Roggenstandort Wulfsode (35 BP mit „Notberegnung“) waren teilweise nur gut 300 Ähren zu zählen, der Blattapparat verbräunte mit Sortenunterschieden sehr früh, die Abreife verlief trotz mehrfachem Fungizideinsatz äußerst schnell.
Die Fachberater der SAATEN-UNION können aus den Ertragsrelationen der Anbauvarianten zueinander wertvolle Beratungshinweise ableiten und auf Winterveranstaltungen oder in Einzelgesprächen sehr detailliert über die Sorteneffekte aufklären. An dieser Stelle soll auf den generellen Zusammenhang zwischen Stresstoleranz und Zuchtform eingegangen werden.
Der Übersichtlichkeit halber wurden nicht alle geprüften Sorten und Stämme dargestellt, sondern lediglich die sechs geprüften Hybriden sowie gängige Liniensorten2). In den Grafiken sind die Sorten nicht namentlich, sondern mit ihrer internen Prüfnummer ausgewiesen. So sollen einzelne Sorten nicht mit den Ergebnissen einjähriger, experimenteller Extremvarianten „abgekört“ werden. Zudem ist von drei der geprüften Hybridstämme kein Saatgut im Handel, es geht an dieser Stelle ausschließlich um das prinzipiell unterschiedliche Ertragsverhalten von Hybriden und Liniensorten.
Abb. 2 zeigt die Sortenunterschiede auf den Standorten mit geringen Erträgen. Dabei handelt es sich zum einen um „Stressvarianten“ auf Trockenstandorten, zum anderen um die Optimal- und Spätsaatvariante des Roggenstandorts Wulfsode (die Stressvariante macht dort keinen Sinn und wird daher nicht geprüft).
Aus den Ergebnissen ist abzuleiten, dass die Sortenunterschiede bei ungünstigeren Ertragsvoraussetzungen sehr viel größer sind als auf günstigeren. Mit ca. 30 % gegenüber 10 % sind sie dreimal so groß! Damit einhergehend heben sich auch die besten Hybridsorten ertraglich viel deutlicher von den leistungsfähigsten Liniensorten ab und waren unter diesen Bedingungen eindeutig die wirtschaftlichere Anbaualternative.
Am eindeutigsten ist die grundsätzliche Ertragsüberlegenheit des Hybridweizens in den Stressvarianten zu belegen. In Abb. 3 sind neben Soest und Hovedissen (NRW) auch die Hochertragsstandorte Granskevitz (MV), Söllingen (NDS) und Grünseiboldsdorf (BY) zusammengefasst, also typische „Stoppelweizenstandorte“. Gerade unter den besonderen Stressbedingungen dieser Versuchsserie belegen dort die Hybriden als Gruppe das Spitzenfeld. Bei bis zu 9 dt/ha Mehrertrag steht auch die Wirtschaftlichkeit außer Frage.
Aus den Ergebnissen ist abzuleiten, dass die Sortenunterschiede bei ungünstigeren Ertragsvoraussetzungen sehr viel größer sind als auf günstigeren. Mit ca. 30 % gegenüber 10 % sind sie dreimal so groß! Damit einhergehend heben sich auch die besten Hybridsorten ertraglich viel deutlicher von den leistungsfähigsten Liniensorten ab und waren unter diesen Bedingungen eindeutig die wirtschaftlichere Anbaualternative.
Mit steigenden Erlösen steigt die Vorzüglichkeit des Hybridweizen-Anbaus. Im frühen und mittelfrühen Sortiment stellen sie die leistungsfähigen Sorten, im mittelspäten Sortiment ist mit neuen Vaterlinien mittelfristig ein Ertragssprung zu erwarten. Die Empfehlung, Hybriden auf Stressstandorten und als Stoppelweizen zu positionieren, bestätigt sich insbesondere bei zunehmend häufiger Frühjahrstrockenheit (2009, 2010 und 2011).
Sven Böse
Stand: 08.07.2011