Züchtung und Forschung
Fortgeschrittene Technologie der Hybridisierung bei Hybridweizen.
Grundsätzlich entsteht Hybridweizen durch Kreuzung eines weiblichen Elternteils (männlich steril) und einem männlichen Elternteil. Winterweizen gehört zu den selbstbefruchtenden Arten.
Um die Selbstbestäubung des weiblichen Elternteils zu vermeiden, wird zur Erzeugung der F1-Hybride ein Hybridisierungsmittel (HA Chemical Hybridizing Agent) namens CROISOR® Pack verwendet. Die weiblichen Pflanzen werden mit HA behandelt. Nach der Anwendung von HA sind die Pflanzen nicht mehr in der Lage, fruchtbaren Pollen zu produzieren. Weibliche Pflanzen werden männlich (pollen-)steril.
Dies garantiert, dass die Befruchtung durch den Pollen der fruchtbaren männlichen Vaterpflanze erfolgt. Die nach der Kreuzung geernteten Samen des weiblichen Elternteils sind fruchtbare F1-Hybridsamen. Vor fast 30 Jahren haben unsere Züchter dieses Hybridisierungssystem entwickelt, das es der SAATEN-UNION ermöglicht, Hybridweizensorten mit sehr hohem Ertragspotenzial anzubieten.
Züchtung von Hybridweizen
Hybridisierungsmittel (HM) CROISOR® Pack (Wirkstoff: Sintofen).
Bislang wird das einzige in Europa vermarktete Hybridweizensaatgut Weizensaatgut in Europa mit dem mit dem CROISOR®-Pack produziert, das sich im Alleinbesitz von ASUR PB befindet.
Mehr als 40 CROISOR® Pack-Hybride, die von ASUR oder von seinem Hauptaktionär NORDSAAT gezüchtet wurden, sind in Katalogen verschiedener europäischer Länder gelistet.
Die kommerzielle Produktion wurde 1995 begonnen und die SAATEN-UNION vertreibt das Saatgut heute in mehr als 20 Ländern. Der Vorteil dieser Hybridisierungstechnik ist, dass sehr fruchtbare, leistungsstarke neue Hybriden sehr leicht und schnell produziert werden können.
Die Anwendung von HA beschleunigt den Züchtungsprozess und ermöglicht eine breite von Merkmalskombinationen zur Erfüllung der unterschiedlichen Kundenwünsche. Der Nachteil ist, dass die Saatguterzeugung ein sehr spezifisches Know-how erfordert und in alternierenden Streifen weiblicher und männlicher Elter durchgeführt werden muss. Darüber hinaus ist die Behandlungswirksamkeit von CROISOR® Pack auch von den von den Witterungsverhältnissen abhängig, was in manchen Jahren zu einer erheblichen Ausfallrate führt – trotz der kontinuierlich verbesserten Applikationstechnik.
Vorteile dieses Verfahren für die Landwirtschaft:
- Schneller Zuchtfortschritt führt zu neuen, leistungsstarken Sorten
- F1-Saatgut mit hohem Grad an Hybridisierungsrate
- gesicherte Saatgutverfügbarkeit
Die ASUR-Pflanzenzucht verbessert ständig ihre Saatgutproduktion und die CROISOR® Pack-Anwendungstechnik
Herausforderungen der Hybridweizenzüchtung
Anders als bei fremdbefruchtenden Arten wie Mais, steckt die Hybridzüchtung bei Weizen noch in den Kinderschuhen. Aber warum ist das bei Weizen so schwierig? Zunächst einmal ist das Genom des Weizens unglaublich groß. Während das Genom von Arabidopsis – der die erste Pflanze, die sequenziert wurde – 135 Millionen und das menschliche Genom 3 Milliarden DNA-Buchstaben umfasst, hat das Weichweizen-Genom 16 Milliarden!
Außerdem beinhaltet es drei Genome in einem: Vor etwa 500.000 Jahren, fand eine natürliche Hybridisierung zwischen zwei Wildgräser-Arten statt: Der Stammvater unseres modernen Weizens, heute unter dem Namen Emmer bekannt. Nachdem der Mensch begann, diese Pflanzen zu domestizieren, indem er sie auf ihren Feldern anbaute, wurde versehentlich eine dritte Grasart eingekreuzt.
Diese verworrene Geschichte hat dazu geführt, dass moderne Brotweizen mit drei Paaren jedes Chromosomenpaares ausgestattet sind: ein Paar von jedem der drei ursprünglichen Gräser. Technisch ausgedrückt, handelt es sich um ein hexaploides (AABBDD) Genom. Während das Mais-Genom bereits 2009 sequenziert wurde, wurde die Genomsequenz von Weichweizen erst fast 9 Jahre später im Jahr 2018 veröffentlicht. Dieses riesige und komplexe Genom ist einer der Gründe, warum die Etablierung der Hybridweizenzüchtung viel langsamer verläuft als bei anderen Kulturarten. Darüber hinaus ist Weizen eine autogame (selbstbestäubende) Art. Außerdem ist er kleistogam, was bedeutet, dass Selbstbestäubung und Befruchtung hauptsächlich innerhalb der geschlossenen Blüte stattfindet, sodass nur eine geringe Menge an Pollen nach außen gelangt.
Für die Hybrizüchtung ist jedoch eine hohe Pollenfreisetzung der männlichen Elternlinie unerlässlich. Eine erfolgreiche Erzeugung von basiert auf einer männlichen Elternlinie mit hoher Pollenausschüttung und einer männlich-sterilen weibliche Elterlinie, die selbst keinen Pollen produziert.
Um eine unerwünschte Selbstbestäubung zu vermeiden, ist ein kontrolliertes Bestäubungssystem erforderlich – ein sogenanntes Hybridisierungssystem.
Die größten Herausforderungen sind:
- Erreichen eines zuverlässigen Hybridisierungssystems (steriles weibliches Elternteil, fruchtbare Hybriden)
- Synchronisierung von Blüte und der Pollenausbreitung zwischen den Eltern
- Gewinnung von heterotischen Gruppen
- Entwicklung einer effizienten Saatgutproduktion
Herausforderungen der Hybridweizenzüchtung
Der Ertragsvorteil von Hybridweizen wird durch den kontinuierlichen Züchtungsfortschritt gesichert
Innovatives Zuchtprojekt: ZUCHTWERT
Das Projekt ZUCHTWERT bringt Partner aus Wissenschaft und Industrie mit weltweit einzigartigem Know-how, genetischem Material und Technologie in der Hybridzüchtung zusammen. Das Ziel des Projekts ist die Durchführung von Grundlagenforschung zur systematischen Nutzung der Heterosis in der Weizen-Hybridzüchtung.
Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere:
- die Bildung von Heterosis-Gruppen mit hoher Kombinationsfähigkeit
- Entwicklung von Vorhersagemodellen für die Hybridleistungen
- Einsatz der rekurrenten genomischen Selektion
- Vorteile für Landwirtschaft und Verbraucher: Effiziente Hybridweizensorten mit hoher Ertrags- und Qualitätsleistung
Einige Gesellschafter der SAATEN-UNION sind maßgeblich an dem ZUCHTWERT-Projekt beteiligt. Dazu gehören insbesondere die NORD-SAAT SAATZUCHT GmbH, die seit 1999 Hybridweizen züchtet und bereits erfolgreiche Sorten wie HYBNOS 1 und HYMALAYA entwickelt hat.
Die Hybridzüchtung nutzt das Phänomen der Heterosis, um die Ernteerträge zu steigern. Dieser Züchtungsbereich wurde bereits erfolgreich bei fremdbestäubten Kulturpflanzen wie Mais und Roggen mit anderen Züchtungsmethoden etabliert. In Anbetracht der ständig wachsenden Weltbevölkerung und des Klimawandels ist es auch in der Weizenzüchtung an der Zeit, den Heterosis-Effekt zu nutzen, um mit Hybridsorten eine höhere Wertschöpfung zu erreichen. Damit dies gelingt, sind wesentliche Innovationen zur Entwicklung einer soliden methodischen Basis für die Hybridweizenzüchtung notwendig.
Ein wesentliches Ziel in ZUCHTWERT ist die Suche nach heterotischen Gruppen in adaptiertem und exotischem Material mithilfe phänotypischer und genomischer Informationen. Genomische Selektion in der Hybridweizenzüchtung wird als Instrument zur Identifizierung überlegener Hybriden und für die Suche und Selektion von heterotischen Gruppen angewendet und weiterentwickelt.
Mehr als 2.000 Hybriden aus 240 angepassten Elternlinien werden produziert und mit ihren Elternlinien in zweijährigen Feldversuchen an mehreren Standorten in Deutschland getestet. Darüber hinaus werden ca. 250 Hybriden aus Kreuzungen zwischen exotischem Material und Elitetestern erzeugt und anschließend in zweijährigen Multi-Umwelt-Feldversuchen getestet. Hochdichte Markerdaten (SNP Marker und Exom-Erfassungstechnologie) der Elternlinien werden für die genomische Selektion und für die Suche nach heterotischen Gruppen verwendet. Das Projekt wird in folgendem Video vorgestellt.