Weniger ist oft mehr
Wie weit kann man die Saatstärke bei Hybridweizen reduzieren und wie sieht die dazu ökonomisch optimierte Bestandesführung aus? Felicien Bullot, internationaler Produktmanager Hybridweizen, kann zur Beantwortung dieser Fragen auf eine Vielzahl internationaler Versuche zurückgreifen.
Um möglichst präzise Empfehlungen abgeben zu können, führen die technischen Teams der SAATEN-UNION produktionstechnische Versuche zur Ermittlung der optimalen Saatstärke durch. Diese Versuche stehen in vielen europäischen Ländern mit Schwerpunkt Frankreich und zielen darauf ab, mindestens vier verschiedene Saatstärken (75 Körner/m² bis 175 Körner/m²) für jede Sorte zu testen, um die optimale Pflanzendichte im Sinne der Wirtschaftlichkeit herauszufinden. Die Versuche werden über mehrere Jahre wiederholt, um Jahreseffekte zu minimieren und das Verhalten der Sorten unter verschieden Bedingungen analysieren zu können.
Wieso sind Hybriden auch bei reduzierter Saatstärke in der Lage, höhere Erträge zu bringen als Liniensorten?
Höhere Bestockung
In unseren Versuchen wurden Hybridsorten mit 150 Kö/m² und Liniensorten mit 250 Kö/m² ausgesät. Unter sonst gleichen Bedingungen reicht aufgrund der stärkeren Bestockung der dünner gesäten Hybriden deren Ährendichte/m² fast an die der Liniensorten heran (Abb. 1a).
Höhere Fertilität
Eine zweite Eigenschaft, die zu der guten Kompensationsfähigkeit der Hybriden beiträgt, ist deren höhere Fertilität der Ähren. Diese führte in den Versuchen zu einer höheren Anzahl der Körner pro Ähre im Vergleich zu den dichter gesäten Liniensorten (Abb. 1b).
Höheres TKG
Auch über das Tausendkorngewicht können Hybriden geringere Saatstärken kompensieren, wie die Versuche belegten. Die an 10 Orten durchgeführten Bonituren wiesen ein TKG auf, das im Schnitt 3,1 g über dem der Liniensorten lag (Abb. 1c). Aufgrund der höheren Kompensationsfähigkeit der Hybriden – ein Resultat der höheren Vitalität infolge Heterosis – wird das Ertragsoptimum sortenabhängig bei ca. 30 % weniger Pflanzen/m² erreicht. Voraussetzung ist jedoch eine angepasste Bestandesführung, die sich in einigen Punkten von der üblichen Bestandesführung bei Liniensorten unterscheidet.
Die hohe Vitalität des Hybridweizens und die angesprochenen pflanzenbaulichen Maßnahmen gestatten eine erhebliche Reduzierung der Saatstärke. Diese kann nicht nur reduziert werden, sie muss es aus Rentabilitätsgründen auch!
Unter optimalen Bedingungen wird das ökonomische Optimum nicht über 150 Körner/m² liegen, also bei drei Einheiten à 500.000 Körner. Abhängig von Saatstärke, Behandlung und Marktpreis muss Hybridweizen ca. 3–5 Doppelzentner Mehrertrag pro Hektar bringen, um die Mehrkosten der Produktion auszugleichen. Mit einer weiteren Reduzierung der Saatstärke kann dieser notwendige Mehrertrag geringer ausfallen, zugunsten des Gewinns. Die wirtschaftlich optimale Saatstärke ist sortenspezifisch zu diskutieren. Es muss für jede Sorte deren individuelles Saatstärkeoptimum definiert werden, bei dem einerseits ein hoher Ertrag realisiert wird, andererseits jedoch der Mehraufwand möglichst gering bleibt.
Die nachfolgenden Grafiken (Abb. 2a und 2b) beschreiben exemplarisch den Nettoertrag der Sorten in Abhängigkeit von der Saatstärke. Der Nettoertrag ist definiert als der Ertrag, von dem die Mehrkosten des Saatgutes – umgerechnet in Doppelzentner – abgezogen wurden. Wir identifizieren hier verschiedene Ertragsverläufe/Ertragstypen: Es gibt einerseits Sortentypen, deren Nettoertragsoptimum bei sehr geringen Saatstärken erreicht wird: Ein weiteres Anheben der Saatstärke führt zu – zunächst moderat – sinkenden Nettoerträgen (Abb. 2a).
Bei anderen Sorten wird das Nettoertragsoptimum später erreicht. Hier führt eine Anhebung der Saatstärken über das Optimum hinaus zu einem stärkeren Rückgang der Nettoerträge (Abb. 2b).
Unter optimalen Standort- und Witterungsbedingungen ist eine Saatstärke von 175 Körnern/m² im Allgemeinen zu hoch und drückt die Rentabilität des Hybridweizens. Abgesehen von späten Aussaaten unter schwierigen Bedingungen sind solch hohe Saatstärken selten rentabel.
Um die Landwirte so gut wie möglich zu begleiten, bietet die SAATEN-UNION die APP „Hybri’density“ an. Diese assistiert bei:
- der Berechnung der notwendigen Anzahl Einheiten,
- der Konfiguration der Sämaschine,
- der Überprüfung des Bestandes nach dem Auflaufen, um sich zu vergewissern, dass die Parzelle die richtige Pflanzendichte aufweist.
Die Daten dieser Anwendung erlauben es dem Landwirt, in Abhängigkeit von Aussaatdatum, Standort und Sorte die optimale Aussaatstärke zu ermitteln, einzustellen und zu kontrollieren.
Fazit
Die Reduzierung der Saatstärke für den Hybridweizen ist nicht nur möglich, sondern aus ökonomischer Sicht auch notwendig. Damit trotzdem hohe Erträge realisiert werden, muss die Produktionstechnik die agronomischen Eigenschaften der Sorten berücksichtigen bis hin zu angepassten Düngungsmaßnahmen. Auf diese Weise ist es möglich, die Saatstärken deutlich zu reduzieren, die Leistungsfähigkeit und die Stresstoleranz des Hybridweizens optimal zu nutzen.
Félicien Bullot