Hybridroggen: So produziert man in Finnland und Dänemark
Weiter geht die Reise von Paul Schmieja durch das „Hybridroggen-Europa“. Nach Polen und Tschechien blickt er auf zwei Betriebe aus Dänemark und Finnland.
In Bezug auf die räumliche Verteilung seiner landwirtschaftlichen Produktion ist Finnland ein gespaltenes Land: Ein Drittel der Landesfläche liegt nördlich des Polarkreises. Damit beschränkt sich ein Großteil der 2,3 Mio. Hektar bewirtschafteten Fläche auf die südlichere Landeshälfte. Diese bietet mit einer längeren Vegetationsperiode und günstigeren Bodenbedingungen eine deutlich bessere Grundlage für den Pflanzenbau.
Flächenmäßig ist Finnland etwa so groß wie Deutschland. Mit lediglich 5,5 Millionen Einwohnern weist Finnland jedoch eine der geringsten Bevölkerungsdichten in ganz Europa auf. Als einer von rund 45.000 finnischen Landwirten bewirtschaftet Axel Taube ca. 320 Hektar. Mit dieser Flächengröße ist sein Betrieb doppelt so groß wie ein durchschnittlicher Landwirtschaftsbetrieb im Süden Finnlands.
Bei der Sortenwahl spielt für den Betrieb neben der Winterhärte vor allem eine möglichst frühe Abreife eine besonders große Rolle. Im Hybridroggenanbau setzt der Betrieb hier voll auf die Sorte SU Cossani.
„Idealerweise würden wir gerne am 1. September mit der Aussaat beginnen, aber das ist schwierig, da wir meist noch mit der Ernte der Vorfrucht beschäftigt sind“, beschreibt Taube die Bedingungen auf seinem Betrieb. Nichtsdestotrotz sei der Anspruch, so früh wie möglich auf die Flächen zu kommen. Es sei angestrebt, die Hybridroggenaussaat bis spätestens zum 15. September zu beenden, so Taube. Dies ermögliche dem Hybridroggen eine ausreichende Pflanzenentwicklung vor dem Winter. Trotz der kurzen Vegetationsperiode und rund 630 mm Jahresniederschlag erzielt Taubes Betrieb durchschnittliche Erträge von rund 70 dt/ha. Zum Vergleich: Laut Proplanta wurden 2020 auf einer Roggenanbaufläche von landesweit 18.700 ha im Schnitt ca. 37 dt/ha geerntet.
Traditionell wird der Roggenals Brotroggen vermarktet. In den vergangenen zwei Jahren stieg die Roggenproduktion jedoch deutlich an. Dies führte zu einem Rückgang des Roggenpreisniveaus unter das von Braugerste und Hafer und in der Folge sank die finnische Roggenanbaufläche leicht. Trotz des gesunkenen Preisniveaus hält Axel Taube aber am Anbau von Hybridroggen fest. „Roggen ist eine sichere Fruchtart, die sich äußerst leicht produzieren lässt“, so erklärt der Betriebsleiter seine Entscheidung.
Auch in der Bestandesführung ergibt sich kein großer Aufwand für den Landwirt. Lediglich eine Behandlung im Winter gegen Schneeschimmel sei nötig, im Frühjahr komme er ohne Fungizidbehandlung aus.
Lauritsen wählt für seinen Hybridroggen, den er auf rund 10 % der Betriebsfläche anbaut, sowohl Schläge mit geringen Bodenpunkten als auch solche Schläge aus, die er nicht bewässern kann, aus. So passt der Hybridroggen perfekt in Lauritsens Low-Input-Strategie, die ihm die Möglichkeit eröffnet, einen größeren Teil seiner Ressourcen in arbeitsintensivere Kulturen zu investieren. Trotz der vermeintlich schlechten Standorte kann der Betriebsleiter mit einem durchschnittlichen Ertrag zwischen 65 und 70 dt/ha durchaus zufrieden sein.
In diesem extensiven Anbausystem ist die Krankheitsresistenz von hoher Relevanz. Darüber hinaus ist die Strohlänge – und damit verbunden die Lagerneigung einer Sorte – besonders wichtig. Da die Vermarktung allein als Brotroggen erfolgt, ist der Einsatz von Wachstumsreglern nicht gestattet. Somit ist auch die Standfestigkeit einer Sorte von besonderer Bedeutung. Aktuell haben sie sich auf ihrem Betrieb daher für die Sorte SU Pluralis entschieden.
Die Aussaat findet für hiesige Verhältnisse relativ spät um den 20. September bei einer Aussaatstärke von 150–160 Körnern pro Quadratmeter statt. Das Ziel des späten Aussaattermins ist hier in der Minimierung des Herbizideinsatzes im Winter geschuldet. Darüber hinaus reicht in der Regel eine Behandlung gegen Rhynchosporium in EC 37–39 aus. Braunrost spielt hingegen nur eine untergeordnete Rolle, da Infektionen erst sehr spät im Vegetationsverlauf auftreten und die Bekämpfung daher meist nicht wirtschaftlich ist.
Als kleinen Wermutstropfen im Hybridroggenanbau sieht Lauritsen seine Vermarktungsmöglichkeiten, falls die Qualitäten mal unterdurchschnittlich sein sollten. Da er keine Möglichkeit hat, den Roggen an betriebseigene Tiere zu verfüttern, bleibt ihm dann nur die Vermarktung als Futterroggen zu deutlich geringeren Preisen.
Auch bei den kurzen Vegetationszeiten des europäischen „hohen Nordens“ auf heterogenen bzw. leichten Standorten ohne Beregnung hat sich Hybridroggen bewährt und als sehr ertragssicher erwiesen. Selbst bei Low-Input-Anbau ohne Wachstumsregler bringt er meist die erforderliche Brotgetreidequalität. Allein die Marktpreise lassen zu wünschen übrig, hindern aber beide Betriebsleiter nicht daran, weiter auf Hybridroggen zu setzen.
Stand: 12.10.2021