Grenzstandorte: Mehr Effizienz durch Hybridroggen?
Der Roggenanbau hat in den letzten Jahren wieder deutlich an Attraktivität gewonnen. Dr. Ulrich Lehrke, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, zeigt, dass Roggen auch auf Standorten mit höherem Ertragspotenzial eine Alternative zu Weizen sein kann.
Ein neuer Exaktversuch am Züchtungsstandort der HYBRO Saatzucht GmbH in Wulfsode (Aussaat 2019) soll die Vorzüglichkeit des Hybridroggens auf Grenzstandorten aufzeigen. Die Versuchsfaktoren waren: Kulturart, Düngung/Düngungsintensität und Beregnung. Aus der Kombination der Faktoren sind 4 Intensitätsstufen entstanden, die in den kommenden Abbildungen jedoch gemittelt worden sind, da sich die Düngestaffelungen (1-, 2- oder 3-Gaben) nur kaum bzw. nicht unterschieden (Tab. 1). Jede Variante ist pro Versuchsblock (unberegnet bzw. beregnet) doppelt wiederholt worden. Von der Aussaat am 10.10.20 bis zur Ernte betrug die Niederschlagssumme 670 mm, wovon 350 mm während der Hauptvegetation von Februar bis zur Ernte fielen. Der Ertragsunterschied zwischen den Kulturen lag bei circa 20 dt/ha (Abb. 1: Vergleich Roggen 120 kg N/ha zu 180 kg N/ha Weizen). Eine Erhöhung der Stickstoffintensität ging erwartungsgemäß bei beiden Kulturen mit höheren Erträgen einher.
Die Beregnungsnotwendigkeit wurde durch das Bodenwasserhaushaltsmodell BOWAB (BOdenWAsserBilanzierung) des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) vom Büro für Standorterkundung Geries Ingenieure ermittelt. Zudem wurde vor jeder Beregnung der Feuchtestand des Bodens händisch kontrolliert. Nach diesem Modell hätten 4 Gaben gesetzt werden müssen, da das Beregnungskontingent auf 70 mm begrenzt war, wurden jedoch nur zwei appliziert. Die Beregnung wurde sehr exakt mit einem Düsenwagen durchgeführt. Interessanterweise ermittelte das Modell an keinem der Termine eine Beregnungswürdigkeit für Roggen. Am 18.4. fiel eine Beregnungsgabe von 36 mm (Weizen EC 31/32), eine weitere von 38 mm am 17.5. (Weizen EC 39).
Insgesamt hat die Beregnung zu Mehrerträgen von knapp 3 dt/ha bei beiden Kulturen geführt. Obwohl die Kosten für die Maßnahme damit nicht erwirtschaftet wurden (Tab. 2), kann man sie durchaus als „Ertragsversicherung“ rechtfertigen.
Beim Stickstoffsaldo hat der Roggen gegenüber dem Winterweizen bei den gegebenen Erträgen im Versuch nur marginal besser abgeschnitten (Abb. 2). Das deutlich höhere Korn-/Proteinverhältnis des Weizens führte dazu, dass die Stickstoffsaldi beider Kulturen gleichauf sind, obwohl der Weizen die geringeren Erträge brachte.
Die bisher einjährigen Ergebnisse dieses Versuches unterstützen Beobachtungen aus der Praxis: Auf Grenzstandorten ist Hybridroggen im Vergleich zu Winterweizen die deutlich effizientere Kultur im Umgang mit Wasser und Stickstoff. Der Ertragsvorsprung kann schon bis zu 20 dt/ha betragen. Die besseren Vermarktungsmöglichkeiten des Weizens können unter Umständen trotzdem den Anbau von Winterweizen auf leichten Standorten rechtfertigen. Trotzdem zeigt auch dieser Versuch deutlich: Mit Blick auf die neuen Herausforderungen des Ackerbaues ist Hybridroggen die klar geeignetere Kulturart, denn Roggen ist das „Effizienzgetreide“.
Daniel Husmann
Stand: 06.05.2021