Zum Inhalt springen

Mit Roggen nährstoffreduziert füttern

Die Schweinefleischerzeugung ist mehr denn je geprägt von gesellschaftlichen Forderungen nach mehr Tierwohl, weniger Emissionen und Nährstoffeinträgen in die Umwelt. Für mehr gesellschaftliche Akzeptanz sind also Veränderungen –auch in der Fütterung – notwendig, natürlich ohne Einschränkung der Wirtschaftlichkeit. „Füttert mehr Roggen“ fordert Dr. Wilke Griep.

Warum Schweine nährstoffreduziert füttern?

Bildquelle Griep

Der Lebensmitteleinzelhandel fordert zunehmend, dass die Wertschöpfung bis zum Lebensmittel Fleisch nachhaltiger werden muss und reagiert damit auf aktuelle Verbraucherwünsche. In Gebieten mit vielen großen Schweinebeständen fallen mehr Emissionen und größere Nährstofffrachten über die Gülle an, als die Umwelt und der Klimaschutz vertragen können. In Verdichtungsregionen der Tierhaltung müssen Nährstoffe mit Futtermitteln importiert und Nährstoffe in der Gülle exportiert werden. Es entfernen sich diese Bereiche von einem idealen Gleichgewichtszustand eines ausgeglichenen Nährstoffsaldos.

Wettbewerbsfähige und ressourcenschonende Verfahren der Schweinefütterung in Verbindung mit tiergerechten Haltungsverfahren und „precision pig farming“ bieten große Chancen, in der Fleischerzeugung spürbar nachhaltiger zu werden und der Klimaerwärmung entgegen zu wirken.

Die Verwertung der standortgerechten Erzeugnisse der näheren Region ist nachhaltiger gegenüber einer vom Boden losgelösten Tierhaltung. Die vielgliedrige Fruchtfolge mit standortgerechten Kulturarten und Sorten ist nicht nur pflanzenbaulich nachhaltig, sondern auch im Verfahrensprozess der Schweinefütterung im Sinne der Nachhaltigkeit von Vorteil. Denn neuere Erkenntnisse zeigen z. B., dass Fasern für die Darmgesundheit und das Tierwohl sinnvoll sind. Getreidearten wie Roggen sind daher in ihrer Vorzüglichkeit neu zu beleuchten.
Neue Charakterisierung des Futterwertes von Roggen

Der wirtschaftliche Wert von Roggen als Futtermittel ergibt sich aus dem Futterwert und den Inhaltsstoffen, die sich als antinutritive Faktoren (ANF) auf die Verdauung, die Futteraufnahme und die Fütterungseffizienz ungünstig auswirken können.

Alle Getreidekörner sind für Schweine in erster Linie Energieträger, weil sie im Verhältnis zur Energie der Stärke zu wenig Lysin und andere nachrangig essenziellen Ami­no­säuren mitbringen. Roggen weist dabei ein relativ geringes Verhältnis von 2,3 g verdauliches (SID) Lysin je 10 MJ NE (1 MJ Nettoenergie entspricht etwa 0,74 MJ ME – umsetzbare Energie) auf.

Vom Ferkel bis zur Sau benötigen Schweine zwischen 12,7 bis 6,6 g verdauliches Lysin (SID ~ pcv: praecaecal verdauliche Aminosäure) je 10 MJ NE. Im Forschungsprojekt Grain up wurden Proben von 22 Roggensorten untersucht. Der Energiegehalt betrug im Mittel 13,4 MJ ME/kg (88 % TM), was einem Nettoenergiegehalt von etwa 10,4 MJ NE/kg entspricht.

Bei 88 % Trockensubstanz wurden Stärkegehalte im Bereich 555 bis 580 g/kg, Proteingehalte um 94 bis 113 g/kg und Hemicellulosen, die vor allem aus den Pentosanen bestehen, zwischen 90 bis 122 g/kg festgestellt. Aufgrund der Schwankungen der Inhaltsstoffe kann der Energiegehalt zwischen 13,35 bis 13,45 MJ ME/kg betragen.

Wie alle Getreidearten so hat also auch Roggen für die Schweineernährung eine markante „Lücke“ bei der zuerst limitierend wirkenden essenziellen Aminosäure Lysin.

Roggen ist aufgrund des niedrigen Gehaltes an Rohprotein (XP) von 8,3 % (Lufa OL, Mittel 2017) und des vergleichsweise hohen Gehaltes an pcv-Lysin im Rohprotein von 3,0 % dafür prädestiniert, in einer sehr stark Rohprotein reduzierten Endmastfütterung oder Fütterung von tragenden Sauen verwendet zu werden. Gegenüber Weizen, Triticale und Gerste bringt Roggen die geringste Menge N je Kilogramm lufttrockenes Futter mit (Abb. 1).

Im Unterschied zu den DLG-Empfehlungen (1999) zeichnet sich der Roggen im Grain up-Projekt durch viel verdaulichen Phosphor aus. Denn 1,8 g des Phosphors sind nicht im Phytin gebunden und damit hochverdaulich (Abb. 2). Nur die anderen 42 % des Gesamtphosphors stecken im Phytin und sind für das Schwein nahezu unverdaulich. Es wird in Mischungen mit Roggen weniger zugesetzte Phytase für den Phosphoraufschluss benötigt als bei Weizen, Mais oder Gerste.

Fütterungsregime- und Mischfutteroptimierung
Ein Mischfutteroptimierungsprogramm kann möglichst betriebsindividuell die Bedürfnisse der Tiere für bestimmte Leistungen berücksichtigen und eine ökonomisch günstige Kombination von Einzelfuttermitteln ermitteln. Einzelbetriebliche Parameter gehen hier genauso ein wie u. a. aktuelle Marktpreise. So kann errechnet werden, ob z. B: der selbst erzeugte Roggen für die Veredelung im eigenen Schweinebestand ökonomisch vorzüglich ist und welche Ergänzung benötigt wird. Es lässt sich transparent machen, welche ökonomischen Vor- oder Nachteile die gewählte Fütterungsstrategie aufweist. Neben den Minimumvorgaben, die eine ausreichende Versorgung mit essenziellen Nährstoffen gewährleisten, können Maximumvorgaben bewirken, dass kritische und wertvolle Ressourcen wie Stickstoff und Phosphor nicht unnötig verbraucht werden. Darüber hinaus können die Auswirkung von Zusatzstoffen wie Enzyme auf die Verdaulichkeit von Nährstoffen in die Ermittlung des Mischfutterwertes einbezogen werden. Ein solches Mischfutteroptimierungsprogramm ist damit ein unternehmerisches Planungs- und Controllingwerkzeug, um wirtschaftlich und zugleich nachhaltig zu füttern.
Roggen in der Schlussphase der Mast und der Trächtigkeit

Phytin-P und Nicht-Phytin-P-Gehalte in Getreide

Eine Schlussphasen-Alleinfuttermischung, die vor allem in den letzten Tagen der Endmast bis 120 kg weitgehend den Bedarf der Tiere deckt, kann erheblich weniger Rohprotein und Phosphor als bisher üblich enthalten und ist dann sehr stark N- und P-reduziert. Auch eine Futtermischung für eine niedertragende Sau kommt mit geringem Energie-, N- und P-Gehalt aus. Beide Futtertypen sind faserreich und arm an Stärke und Rohfett. Eine ausreichende Versorgung mit bis zu acht essenziellen Aminosäuren, Calcium und verdaulichem Phosphor sind aber trotzdem erforderlich, damit kein Wachstumseinbruch, keine Schlachtkörperqualitätsminderungen oder eine unzureichende Konditionsentwicklung eintreten. Die Mindestversorgung an verdaulichem Phosphor kann stark verringert werden, wenn man eine effektive Phytase als Futterzusatzstoff einsetzt und den Verdaulichkeit verbessernden Effekt beim Phosphor in der Optimierung berücksichtigt.

Optimierungsprogramm unterstützt

Die mit dem Optimierungsprogramm „Hybrim Futter 5.0“ermittelten Mischungen (Abb. 3) sind hinsichtlich der Versorgung mit Energie, 8 essenziellen Aminosäuren, Kalzium, verdaulichem Phosphor und anderen Wirkstoffen für tragende Sauen bedarfsdeckend. Außerdem konnten unter den Marktbedingungen der ersten Märzhälfte 2018 Mischungen ermittelt werden, die zudem ressourceneffizient, bedarfsgerecht und nachhaltig sind. Es waren Mischungen dabei, deren Rohproteingehalt (XP) bei nur 10,5 % lag und die Phosphorgehalte von nur 0,32 % aufwiesen! Sie enthielten in hohen Anteilen unübliche Komponenten wie Roggen und Hafer, Ackerbohne oder Lupine und Faserkomponenten wie Weizenkleie, Trockenschnitzel, Sojaschalen und Grassgrünmehl. Roggen ist in einzelnen Mischungen mit Anteilen von über 25 % enthalten, was über den Empfehlungen der DLG für niedertragende Sauen liegt. Bei tragenden Sauen sind diese höheren Roggenanteile kein Problem, wenn keine Mutterkorn-Belastung vorherrscht. Neuere Untersuchungen zeigen zudem, dass die für den Roggen typischen hohen Gehalte an Pentosane nicht nur die Darmpassage „abbremsen“, sondern sich demgegenüber durchaus günstig auf die Darmgesundheit auswirken.

Diese Futterbeispiele zeigen, dass bisher unübliche Komponenten und Mischungen ein Potenzial für eine leistungsgerechte und zugleich nachhaltigere Fütterung bieten.

Phytin-P und Nicht-Phytin-P-Gehalte in Getreide

Fazit

Roggen ist eine energiereiche Körnerfrucht, die relativ wenig Stickstoff mitbringt und mit 3,0 % den höchsten Lysinanteil am Gesamtprotein aufweisen kann. Es ist damit für Mischungen mit niedrigen Rohproteingehalten besonders gut geeignet. Nur in einer Mischfutteroptimierung mit einem geeigneten Optimierungswerkzeug (Programm) und kompetenter Fachberatung können Mischungen ermittelt werden, die zugleich tier- und leistungsgerecht, kosteneffizient sind und die Ziele des neuen Düngerechts erfüllen. Roggen als Bestandteil einer vielgliedrigen Fruchtfolge kann ein wichtiger Teil einer nachhaltigen Schweinefütterung sein.

Landwirte, die eine betriebsindividuelle Regime- und Futterrezepturoptimierung wünschen, können dies der Redaktion mitteilen.

Diese kann eine kompetente Fachberatung für ihre betriebliche Situation durch den Autor des Artikels veranlassen. Dazu gehört eine Optimierung des Fütterungsregimes, der Futtermischungen und des Fütterungscontrollings.

Das Effizienz Saatgut.

Insbesondere auf Stressstandorten und unter für konventionelle Sorten suboptimalen Anbaubedingungen hat sich das Hybridgetreide als effiziente, ertragreiche und vor allem auch ertragsstabile Fruchtart bewiesen. Je schwieriger die Anbaubedingungen, desto größer ist der Ertragsvorsprung.

Dieses gilt vor allem bei ungünstigen Wetter- und Bodenbedingungen, ungünstigen Vorfrüchten, knapper Nährstoffversorgung und erhöhtem Krankheitsdruck. Dieser Vorteil der Hybriden beruht vornehmlich auf dem besonderen Heterosiseffekt, der zu einem ausgeprägteren Wurzelwerk, stärkerer Bestockungsneigung und Blattentwicklung, sowie einem besseren Kompensationsvermögen nach Stresseinwirkung führt. Im Saatgutvertriebsunternehmen Saaten-Union sind Züchterhäuser formiert, die sich seit Jahrzehnten in die Züchtung von Hybridweizen und Hybridroggen und seit einigen Jahren auch Hybridgerste engagieren. Dieses Engagement ist jetzt im internationalen HySEED-Programm intensiviert und gebündelt worden. Die Zuchtziele sind dabei klar definiert durch das, was der Markt in Zukunft fordern wird: Mehr Leistung und Leistungsstabilität, mehr Effizienz. Die Vorteile, die Hybridroggen und -weizen gegenüber Liniengetreide haben, werden wir Ihnen auf diesen Seiten demonstrieren. Aber auch, auf welcher züchterischen Leistung der Mehrwert der Hybriden beruht. Wir sind davon überzeugt: Hybridgetreide ist prädestiniert, Anbaurisiken zu vermindern, die aufgrund des Klimawandels und sich ständig verschärfender politischer Rahmenbedingungen stetig zunehmen.